Testierunfähigkeit: Wie muss das Gericht von Amts wegen ermitteln?

In einem Verfahren vor dem Nachlassgericht muss das Gericht die sog. Anknüpfungstatsachen von Amts wegen ermitteln und somit die Grundlage für das Sachverständigengutachten zur Prüfung der Testierfähigkeit schaffen. Der Verfahrensablauf ist häufig fehlerhaft und nicht ausreichend.

Das Gericht darf sich nicht lediglich darauf beschränken, Angaben der Verfahrensbeteiligten zu verwerten und Anfragen an behandelnde Ärzte zu stellen und Teilakten beizuziehen, ohne dass eine vertiefte Ermittlung, z. B. im Rahmen einer Einvernahme der Beteiligten und von Zeugen, erfolgt. Dies wird den Anforderungen des § 26 FamFG nicht gerecht (1).

Weiterhin sehen wir häufig die Notwendigkeit einer förmlichen Beweisaufnahme, insbesondere durch Parteieinvernahme der Beteiligten und der zu benennenden Zeugen. Eine solche förmliche Beweisaufnahme ist im Hinblick auf § 30 Abs.3 FamFG bei der Frage der Testierunfähigkeit zumeist geboten. In diesem Fall müssen dann aber auch die angebotenen Beweismittel (Partei und Zeugen) ausgeschöpft werden(2). Wir verweisen insoweit auch auf die Rechtsprechung des OLG München in ZEV 2008, 37. Auf die notwendige Zeugen-einvernahme (BayObLG in FamRZ 1985, 739, BayObLG in NJW-RR 1991, 1287) darf das Gericht nicht verzichten.

Das Gericht muss dann in der Folge dem Gutachter die Anknüpfungstatsachen vorgeben, auf deren Basis er sein Gutachten zu erstellen hat (3). Idealerweise ist der Gutachter bereits bei der Einvernahme der Beteiligten und Zeugen anwesend und ihm wird ein Fragerecht durch das Gericht eingeräumt. Wir weisen auf OLG Frankfurt am Main in NJW-RR 1998, 870 hin.

Vorliegend muss also folgende Reihenfolge beachtet werden.

Stufe 1:

Ermittlung der Anknüpfungstatsachen mittels förmlicher Beweisaufnahme, insbesondere Nachholung von Partei- und Zeugeneinvernahme unter Hinzuziehung des Gutachters (BGH in NJW 1962, 1770)

Stufe 2:

Vorgabe der Anknüpfungstatsachen durch das Gericht auf deren Basis der Gutachter das Gutachten zu erstellen hat und zwar auf Basis der Feststellungslast und dem Ergebnis der Beweisaufnahme

Stufe 3:

Erstellung des Gutachtens und Auswertung durch das Gericht