Testierunfähigkeit bei Sehschwäche

Der Gesetzgeber schützt blinde Personen und schränkt deren Testierfähigkeit ein. In der Praxis treten aber viel häufiger Problemfälle auf, wenn der Erblasser nicht blind ist, sondern unter einer Sehschwäche leider. Dem Autor sind mehrere Fälle bekannt, in denen der Erblasser für das Lesen und Schreiben eine große Lupe benötigte. In solchen Fällen kann nach der Rechtsprechung auch eine Testierunfähigkeit vorliegen:

„Insoweit handelt es sich um eine Voraussetzung, die ein Erblasser in seiner Person erfüllen muß, wenn er mit rechtlicher Wirksamkeit eigenhändig testieren will (§ 2247 Abs.4 BGB; vgl. BayObLG FamRZ 1987, 1199/1200 und 1985, 742/743). Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, die für die Testamentserrichtung durch lesensunfähige Personen geltenden Vorschriften (§ 2233 Abs.2, § 2247 Abs.4 BGB) seien nur im Fall der Blindheit, nicht bei Sehbehinderung anwendbar. Zweck des Gesetzes ist der Schutz von Personen, die Geschriebenes nicht lesen können. Die Fähigkeit zu lesen kann schon, bei hochgradiger Sehschwäche fehlen (vgl. Dittmann/Reimann/Bengel Testament und Erbvertrag 2. Aufl. Rn. 7 und 11, MünchKomm/Burkart BGB 2. Aufl. Rn. 8, Palandt/Edenhofer BGB 53. Aufl. Rn. 2, jeweils zu § 2233 BGB).“
(BayObLG vom 23.09.1994, 1Z BR 12/94).